TEXTE 2019 / II

 






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Die Geschichte zu

Roccosound“













Plädoyer für Sergej Rachmaninow

Eröffnungskonzert des Lucerne Festival Orchestra  16. 8. 2019


Ein ganz dem Komponisten Sergej Rachmaninow gewidmeter Abend, und dies an prominentester Position zum Auftakt des Festivals, ist ein starkes Statemen. Als Plattform für spektakuläre und auch süffige Pianistik ist der Russe zwar etabliert. Ihm wurde mit dem 3. Klavierkonzert auch Reverenz erwiesen – grosser Applaus für Denis Matsuev –, aber das Programm ging weiter. Aufs Podest mit Riccardo Chaily und seinem Orchester trat der Sinfoniker. Sein am Vierwaldstättersee entstandenes Spätwerk  ist in der prekären Gegenwart des von seinen Wurzeln abgeschnittenen Musikers zu situieren, lässt aber auch daran denken, dass er vor seiner Flucht aus dem revolutionären Russland keineswegs dazu berufen war, ausschliesslich pianistische Schlachtrösser zu produzieren  – Opern, Tondichtungen, Sinfonien geistliche Werke lagen vor seinem Gang ins Exil vor, und mit der 3. Sinfonie öffnete er endlich noch einmal den Raum, der ihm als universellem Komponisten eigentlich gehörte.

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Lucerne Festival

Ein Grosser tritt ab

Bernard Haitinks letztes Konzert mit dem COE 20. 8. 2019


Sein Gang zum Pult wurde in letzter Zeit beschwerlich, Geist und Musizieren sind elastisch präsent wie je. Bernard Haitink, im März dieses Jahres 90 geworden, verabschiedet sich nun aber am Lucerne Festival vom Dirigentenpult und von seinen Orchestern. Dabei zelebriert er nicht Wehmut, sondern nochmals reinen Klang. Hellwach ausgelotet wurden Schuberts 5. Sinfonie und Gustav Mahlers Vierte. 


Konzert- und Buchbesprechung hier im PDF

Aus dem LB-Archiv: Bernard Haitink an der Arbeit mit dem Nachwuchs: PDF


Andere Dimensionen

Yannik Nézet-Séguin und das Lucerne Festival Orchestra  22. 8. 2019


Lucerne Festival ist für ein Wechselbad mit unterschiedlichen Superlativen gut. Für Schostakowitschs 4. Sinfonie sass das festivaleigene Orchester in einer Grösse wie noch nie auf dem Podium, und es beherrschte alle Grade der Lautstärke. Ein Star der jüngeren Dirigentengeneration lenkte es kraftvoll, souverän ohne Stab in der Hand durch die Weiten aus kontemplativen Monologen und gewaltigen Eruptionen.


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Aus dem Archiv: Gennadi Roschdetswenski in der Tonhalle PDF

Grosse Momente auf Haupt- wie Nebenschauplätzen

Die Berliner Philharmoniker und das Trio Eclipse   29. 8. 2019


EinTag, ein weiter Festival-Bogen: Berühmteste und Debütanten, Kammermusik und Orchestermacht, Akribie und Passion. Das Trio Eclipse begeisterte am Mittag in der Lukaskirche. Im KKL am Abend gab es für die Berliner Philharmoniker, den neuen Chefdirigenten Kirill Petrenko und die Gegierin Patricia Kopatchinskaja frenetischen Applaus.


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Bild : © Peter Fischli

Bild : © Peter Fischli

Bild : © Priska Ketterer

Vom sträflichen Kuss zum politischen Umsturz

„Der Bettelstudent“ auf der Operettenbühne Hombrechtikon 31. 8. 2019


Die grossen Bühnen  tun sich teilweise schwer, auf dem Land lebt sie ganz gut: die alte, ewig frische Operette. Ein halbes Dorf engagiert sich und ruft professionelle Kräfte herbei, so dass das Unternehmen zum Höhenflug abhebt, wie nun gerade in Hombrechtikon. „Der Bettelstudent“ von Carl Millöcker ist die 26. Produktion des Vereins und verwandelt den grossen Gemeindesaal für zwei Monate in ein veritables Theaterhaus. Zu erleben ist  auf hohem szenisch-musikalischem Niveau und einer Lust auf deftiges Spiel eine Geschichte, die von einem ungebührlichen Kuss eines Mächtigen auf die Schulter einer selbstbewussten Dame ausgeht und mit einer Revolution im Jubel endet.   


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Bild : © Thomas  Entzeroth

Märchenhafter Saisonauftakt

Das 1. Abonnementskonzert des Musikkollegiums Winterthur  11. 9. 2019


Vielleicht das einzige, was über das Konzert von gestern Abend gesagt werden müsste – es gibt heute Abend eine Wiederholung: Haydn, Mozart, Rimski-
Korsakow und das Musikkollegium für 1001 märchenhafte Einsätze eröffnen unter der Leitung ihres Chefdirigenten Thomas Zehetmair klangprächtig die Saison. Unter dn hervorragenden Solisten und Solistinnen des Orchesters an der Spitze: die Oboistin Maria Sournatcheva mit dem Mozart-Konzert und Roberto Gonzalez Monjas mit dem Geigenzauber in Rimski-Korsakows „Scheherazade“.


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Bild : © Herbert Büttiker

Tödliches Duell und Jubelfinale

„Die Zauberflöte“ aus Heidelberg zu Gast in Winterthur                        21. 9. 2019


Das Theater Winterthur, wie es heute dasteht, wurde vor 40 Jahren mit der „Zauberflöte“ eingeweiht. Die populäre Mozart-Oper eröffnet jetzt auch die Jubiläumssaison der Bühne, die ein grosses, internationales Programm in allen Sparten bietet. Einheimische Kräfte sind in diesem besonderen Gastspiel des Theaters Heidelberg prominent beteiligt. Während die Protagonisten und der Dirigent angereist sind, spielt im Graben das Musikkollegium und auf der Bühne agiert der ebenfalls vor 40 Jahren gegründete Theaterchor Winterthur.


Musikalisch funktioniert die grenzüberschreitende Kollaboration hervorragend, und auch die Technik des Hauses lässt die Produktion, die in Heidelberg 2016 Premiere hatte, wie eine eigene frisch und motiviert erscheinen. Die szenische Deutung des Werks hat ihr eigenes Profil, bei der die alten Mächte gleichermassen schlecht wegkommen und das Finale zwiespältig erscheint: Sarastro und die Königin bringen sich gegenseitig um, die Liebesutopie leuchten und im Streit um den Besitz des Apfel, säen Papageno mit Papagena neuen Zwist.


Besprechung am Montag in „Der Landbote“ und hier  PDF

Aus dem Archiv: Emanuel Schikaneder und „Die Zauberflöte“: PDF

„Über allem die Liebe“ – 52 Kolumnen zu Mozarts 250. Geburtstag: Hier

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Bild : Annemone Taake

Das Märchen im Theater  – der Blick von hinten

„Rusalka“ im Theater St. Gallen    21. 9. 019


Für das Libretto der „Rusalka“ hat Jaroslav Kvapil diverse Märchenerzählungen zum stimmigen Libretto verarbeitet. Dass es Dvorak zu einer der schönsten Opernpartituren überhaupt inspiriert hat, steht ausser Frage, auch dass die Aufführung in St. Gallen ihr in hohem Mass gerecht wird, lässt sich sagen.  Vielleicht ist die Musik so schön und tiefsinnig, dass keine Inszenierung ihr das Wasser reicht. Ob man das gerade beweisen muss? Die St. Galler Produktion zeigt, dass Rusalka und der Prinz natürlich nur Theatermenschen sind, und der Blick von hinten auf das biedere Setting einer Provinzbühne gewährt der Musik über den Bühnnkram, zu dem auch ein Flügel gehört,  logisch erscheinen.


Besprechung hier im PDF


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Bild : Annemone Taake

Bild : Ilko Freese

„Man soll nicht zu lange leben“

„Die Sache Makropulos“ im Opernhaus Zürich    22. 9. 2019


Es ist im wahrsten Sinn eine phantastische Partie, die Evelyn Herlitzius da im Opernhaus zeigt, mit facettenreichster Bühnenpräsenz und der expressiven Verausgabung ihres Soprans. Sie ist E. M., die Frau, die unter verschiedensten Namen 337 Jahre gelebt hat, und dies in den unterschiedlichsten Lebensrollen einer Frau. Jetzt, 1922, gerade ist sie der Star der Prager Oper und eine neue Dose des Elixiers wird fällig. Ein Krimi, ein Gerichtsprozess,  jede Menge Ärger mit Männern enden damit, dass sie das Rezept wieder in Händen hat, aber für sich nicht mehr haben will. 337 Jahre sind genug, erst recht in der gegenwärtigen Situation! Janaceks Musik, das berauschende Kaleidoskop aus Rhythmen, Motiven und Klangfeldern, bestätigt es auch: „Wir sind glücklich, weil wir wissen, dass unser Leben nicht zu lang währt.“

Für diese ekstatische Wahrheit und die Kälte des Lebens als Gegenbeweis tut das musikalische Ensemble alles, die Inszenierung von Tcherniakov bringt sie eher nicht auf den Punkt.


Besprechung hier im PDF

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Bild : Annemone Taake

  Bild : Monika Rittershaus

Boehm und Pan – die französische Tradition, der eigene Ton 


Für einmal ein persönlicher Beitrag der anderen Art: Ich habe die grosse Freude, hier die neue CD meiner Schwester, der Flötistin Ursula Büttiker und ihrer Partnerin am Klavier, Minako Matsuura, präsentieren zu dürfen. Zur Werkwahl schreibt die Flötistin: „Im Zentrum steht die Boehmflöte im Spiegel der Entwicklungen und Neuerungen ihres genialen Erfinders, Theobald Boehm. Ohne diese wäre der Reichtum an Flötenliteratur des 19. und 20. Jahrhunderts mit ihrem grossen Ausdrucksspektrum von schlichter Lyrik (Jules Mouquet) bis zum romantisch Virtuosen (Bernhard Molique), von schillerndem Klangkolorit (Jules Mouquets „La Flûte de Pan“) bis zum tänzerisch verspielten Raffinement (Pierre Camus) vollkommen undenkbar. Die Élégie op. 8, Theobald Boehms letzte Komposition, erklingt denn auch mit Recht als finales Stück auf der CD: rückblickend, melancholisch weite Bögen spannend, noch einmal Mal leidenschaftlich aufbäumend, abschliessend, versöhnend.“


Information zur CD und Porträt hier                              

Ein aufgefächertes Spiel

„Il ventaglio“ von Pietro Raimondi im Seefeldtheater    27. 9. 2019


Die Weiterbildung in Sachen Operngeschichte kann sehr vergnüglich sein. Statt doziert wird schön gesungen und musiziert: Pietro Raimondis Melodramma "Il ventaglio" ist eine Antwort, was neben Rossini so war – andere Rossinis mit eigenem Charakter, mit Musik für lustempfängliche und klangverwöhnte Ohren: Die Free Opera Company lädt zur unterhaltsamen Produktion ins Seefeldtheater – es ist so etwas wie eine Reise an den Adria-Badestrand der Oper.


Besprechung hier

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Nordische Klangenergien

Paavo Järvis  Antrittskonzert in der Tonhalle Maag    2.10. 2019


Dreimal setzt die Tonhalle das Konzert an, mit dem Paavo Järvi als neuer Chefdirigent und Musikdirektor sein Amt antritt. Aus dem Norden hat der Dirigent aus der estnischen Musikerfamilie für diesen Anlass auch starke Vokalkräfte aus der Heimat hergeholt, und nordisch war das Programm mit der von der Tonhalle erstmals gespielten „Kullervo“-Sinfonie von Jean Sibelius, und der berühmteste  Komponist aus Estland, der zum Anlass sogar eine Uraufführung beigesteuert hat, ist ebenfalls angereist.


Besprechung hier

Aus dem Archiv: Beitrag zum 150. Geburtstag von Jean Sibelius: PDF

Weitere Bilder hier


Bild : © Herbert Büttiker

Bild : © Peter Fischli

Bild : © Peter Fischli

Der grosse Ton für Robert Schumann

Abonnementskonzert des Musikkollegiums Winterthur  16. 10. 2019


Vorletzte Saison tratt Mischa Maisky zum ersten Mal überhaupt in Winterthur auf. Jetzt ist er wieder da, nicht nur als Solist des  zweiten Abonnementskonzerts, sondern auch als Zugpferd der grossen Asientournee, die das Musikkollegium nächste Woche unternimmt. Waren es letztes Mal  die Konzerte von Saint-Saëns und Schostakowitsch an zwei Abenden, so diesmal das Schumann-Konzert und Max Bruchs „Kol Nidrei“ in Winterthur und in Zürich (18. 10.), sowie auf der  Tournee und Gangneung, Seoul, Daegu und Tokio. Auf Interesse bei den asiatischen  Klassik-Fans werden nicht nur Maiskys Ruf und sein intensives, klangvollen Cellospiel stossen, sondern auch das Orchester, das auf seiner ersten Reise nach Südkorea stürmisch gefeiert wurde.


Bericht am Freitag in „Der Landbote“ und hier im PDF


Bilder von der Plauderstunde mit Mischa Maiskys  auf dem „Red Sofa“ hier



Bild : © Herbert Büttiker

Wohlklingende Gastfreundschaft

„Den Haag Meets Switzerland“ Konservatorium Winterthur   18. 10. 2019


Das Orchester des Königlichen Konservatoriums Den Haag geht alle drei Jahre auf Besuch zu einer Partnerinstitution. Nun wurde es in Winterthur empfangen, um mit dem Winterthurer Jugendsinfonieorchester gemeinsam zu musizieren. Nach intensiven Probetagen traten sie in grosser, wechselnder Besetzung im Stadthaussaal vors Publikum. Werke vom jungen Mozart und spätem Brahms standen auf dem Programm – mit schönem Resultat, wobei insbesondere die Haffner-Sinfonie die Studierenden zu jugendlicher Reife inspirierte.


Bericht am 22. 10. in „Der Landbote“ und hier


Bilder vom Konzert hier

Bild : © Herbert Büttiker

Bild : © Herbert Büttiker

Schweizer Sinfonik ins Rampenlicht

„Das Swiss Orchestra startet in Zürich seine erste Tournee  20. 10. 2019


Ein neues Projektorchester will sich in der Schweiz lancieren und gibt sich den englischen Namen Swiss Orchestra, um in allen Sprachregionen mit seiner Idee anzukommen und die Werke selten gespielter Schweizer in den internationalen Rahmen zu stellen. Das Gründungskonzert des von der Dirigentin Lena-Lisa Wüstendörfer als Music Director geleiteten Orchesters von gut vierzig jüngeren Berufsmusikerinnen und -musikern überliess allerdings Beethoven und Mozart die Schlüsselpositionen des Abends – aber auch dies hatte seine Logik und Stimmigkeit.


Besprechung hier

Bild : © Herbert Büttiker

Vom Riesenspektakel zum Kleintheater

Die Oper im Knopfloch feiert mit „Angelica vincitrice di Alcina   19. 10. 2019


Für die Feier ihres Geburtstags mit der 20. Produktion hätte sich die Oper im Knopfloch auch eine leichtfüssigere Vorlage vornehmen können. Aber ihre Party im Gewölbe des Theaters Stok feiert sie voller Tatendrang mit einer heroischen Barockoper. Mit ihren eigenen  Mitteln entzieht sie sich mutig den Intentionen des gigantischen Spektakels, für das Johann Joseph Fux „Angelica vincitrice di Alcina“ komponierte, und auf das Wesentliche reduziert, beleuchtet  sie in den bescheidenen Bühnenverhältnissn Aspekte und Qualitäten des österreichischen Barockmeisters und eines Werks, das seit der Entstehungszeit kaum mehr aufgeführt worden ist. 


Besprechung hier

Bild : © www.ruxi.photo

Ein pro memoria zum Tod des Komponisten Hans Zender (1936 – 2019)

„Bardo“ und „Schuberts Winterreise“


Hans Zender hat als Dirigent und Komponist mehrfach zusammengearbeitet, sein Werk BARDO für Cello mit Rundbogen und Orchester (2000) schrieb er im Auftrag des Musikkollegiums und wurde zum Jubiläum des Orchesters unter seiner Leitung in Winterthur uraufgeführt. Hier dirigierte er auch Bearbeitungen von Werken Franz Schuberts, so insbesondere auch seine „komponierte Interpretation“ von Franz Schuberts „Winterreise“. Denkwürdig ist auch eine Aufführung dieses Werks in der Saison 2016 / 17 mit Ian Bostridge, dem Orchester unter der Leitung von Thomas Zehetmair.


Die Berichte dazu aus dem LB-Archiv hier

Bild : © Heinz Diener

Wie sich Gounods „Faust“  als „Marguerite“ empfiehlt

Premiere von Charles Gounods Faust-Oper im Theater St. Gallen   26. 10. 2019


Dass Gounods „Faust“ in Deutschland lange nur unter dem Titel „Margarethe“ aufgeführt wurde, wird gemeinhin als dünkelhafter Respekt gegenüber dem Goethe-Monument interpretiert. Der Fokus auf die weibliche Hauptfigur ist aber auch vom Werk her berechtigt – das macht die Inszenierung von Ben Baur im Theater St. Gallen erst recht deutlich. Sie handelt von Frauenliebe und -leben, und die männlichen Helden werden per Gewehrkugel kläglich aus dem Spiel entfernt. Gounods Apotheose gilt  hier nicht einer Himmelfahrt, sonder einer gewandelten Kultur. Gefeiert wurden an der Premiere aber zurecht auch die männlichen Darsteller – die Produktion ist musikalisch hervorragend in Form und in der eigenwillig subtilen Erzählweise ein Highlight der Saison. 


Besprechung  hier

Bild : © Iko Freese

Ein souveräner Abend in grossen Kontrasten

Konzert des Tonhalle Orchesters unter der Leitung von Paavo Järvi  30. 10. 20


Ein zeitgenössisches Werk von grossem Format,  ein Geiger mit Überraschungen aus der nordischen Welt von Sibelius und eine kolossale Interpretation von Tschaikowskys „Pathétique“ – so viel an musikalischer Fülle und  Spannweite und so viel Intensität und auch Musizierlaune, soviel Appell zu  konzentrierter Anteilnahme an einem Abend lässt einen ins Schwärmen geraten.


Bessprechung hier

Bild : © Herbert Büttiker

Bild : © Herwig Pommer

Alle Opulenz für ein Konzertwerk

Georg Friedrich Händels Oratorium „Belshazzar“ im Opernhaus        2. 11. 2019


Der biblische Stoff ist für vieles gut. Der Monumentalfilm darf es sein oder das üppige Gewühl der Barockmaler, aber auch die Popinszenierung mit der Vergrösserung ds Geschehens auf der Riesenleinwand ist eine Option – das Inszenierungsteam im Opernhaus  zieht optisch alle Fäden, der Regisseur Sebastian Baumgarten denkt aber auch mit der Musik und auch gegen sie. Händels Gott scheint für das Theater der Gegenwart keine brauchbare Instanz zu sein, da mögen die Zürcher Opernchöre noch so grandios singen, die den Abend zusammen mit dem klangschönen Orchester und Ensemble zum fantastischen musikalischen Erlebnis machen.


Besprechung hier


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Reisen zu Verdi und zum anderen Falstaff

„Giovanna d‘Arco“ in Solothurn und „Die lustigen Weiber von Windsor“

in Rheinfelden                                                                         6. und 8. 11. 2019


Die Dichte der Musiktheaterlandschaft Schweiz dürfte einsame Spitze sein –  und auch auf weniger prominente Bühnen leben die bekannten Opernfiguren und auch solche, die sich eher rar machen. Falstaff hat gegenwärtig einen köstlichen Auftritt in Rheinfelden. Die Reise dorthin ist allerdings keine Reise zu Verdi. Die Fricktaler Bühne hat sich für ihre 22. Produktion Otto Nicolais komisch-phantastische Oper „Die lustigen Weiber von Windsor“  vorgenommen und zeigt sie aufwendig inszeniert und hervorragend besetzt.

Die Reise zu Verdi führt ins Theater Biel Solothurn zu „Giovanna d‘Arco“  und zu einer gegenwartsbezogenen Sicht auf die historische und mythische  Figur.


Verdi schrieb die selten aufgeführte Oper 1845, sein Weg zu „Falstaff“ (Uraufführung 1893), war noch lang.  Nicolai war schon 1849 mit der Aufführung seiner Shakespeare-Oper am Ende seiner Laufbahn, er starb zwei Monate nach der Uraufführung. Die beiden Falstaffs gehören somit verschiedenen Epochen an und konkurrenzieren sich nicht. Eine Konkurrenz Verdis und Nicolais verzeichnet die Musikgeschichte aber dennoch. Hätte Nicolai das Libretto zu „Nabucco“ nicht abgelehnt, wäre Verdis Karriere als Opernkomponist vielleicht weniger steil in die Höhe geschossen. Nicolai konnte den Grosserfolg seines  „Il Templario“ (1840) in Italien nicht mehr wiederholen. Aber wichtig waren ihm auch Kirchen- und Orchestermusik. Wien feiert ihn heute als Gründer der Wiener Philharmoniker. 


Besprechung „Die lustigen Weibver von Windsor“ hier

Besprechung „Giovanna d‘Arco“ hier

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Bild : © Joel Schweizer

Bild : © Fricktaler Bühne

Mühelos auf steilem Weg

Konzert des Musikkollegiums Winterthur        13. 11. 2019


Sérgio Pires, der Solo-Klarinettist des Musikkollegiums ist jung und hat sich mit der warm strahlenden  Stimme seines Instruments  im Orchester sogleich etabliert und in die Herzen des Publikums gespielt, als er in den Saison 2016/17  nach Winterthur kam. Schon in der Folgesaison trat er im grossen Konzertzyklus auch als Solist auf und begeisterte mit überragendem Können und beseelter Musikalität. Im jüngsten, von Christian Arming geleiteten Konzert stand zwischen der Ouvertüre „Olympie“ von Joseph Martin Kraus und Edvard  Griegs „Peer Gynt“-Schauspielmusik Carl Nielsens Klarinettenkonzert op.57 auf dem Programm: gewiss eines der Hochgebirge seiner Gattung. So sicher, mühelos und mitreissend  Sérgio Pires den steilen Weg ging, so ähnlich möchte man ihm seine musikalische Laufbahn prophezeien.


Besprechung am 15. 11. in „Der Landbote“ und hier

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Bild : © Herbert Büttiker

Vereintes Talent für grosse Partituren

Das  Orchester accento musicale Zürich im Stadthaus Winterthur 16. 11. 2019


Längst nicht jeder, der Talent hat und Ausbildung genossen hat, wird zum Berufsmusiker. Das ist so weit eine banale Feststellung. Aber wie weit sich auch Amateure in professionelle Felder hineinarbeiten können, war im Konzert des acm mit den „Vier letzten Liedern“ von Richard Strauss und Gustav Mahlers erster Sinfonie zu erleben. Das Orchester accento musicale Zürich (2019) wurde 1943 gegründet  und vereinigt sechzig bis siebzig Mitglieder in wöchentlicher Probenarbeit für zwei Konzerte im Jahr, dazu auch für die Begleitung von Chören.


Besprechung am 18. 11. in „Der Landbote“ und hier

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Bild : © Herbert Büttiker

In der Kammermusik-Werkstatt


Von Stephan Goerners reicher Erfahrung als Cellist des Carmina Quartetts profitieren die Studierenden der ZHdK. Mit ihm suchen sie nach einer gültigen Interpretation eines Werks, von dem es keine Aufnahmen gibt, aber die Entdeckung lohnt: Das erste Streichquartett des berühmten Cellisten und Komponisten Gaspar Cassado, das sie im Konzert präsentieren werden.


Bericht im PDF hier


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Bild : © Herbert Büttiker

Farbiges Spektakel, berührende Szenen

„The King and I“ ist für die Szenografen eine Steilvorlage. Die Produktion, die 2015 am Lincoln Center Theatre Premiere hatte, präsentiert mit atmosphärischem Bühnenbau, Kostümen und Choreografie ein spektakuläres Bilderbuch. Aber Rodgers‘ und Hammersteins Musical ist mehr als eine pseudo-folkloristische Schau. Die Geschichte, die sie erzählen, hat mit starken Frauen zu tun. Anna Leonowens hat tatsächlich als Erzieherin am Hof in Bangkok des 19. Jahrhunderts gewirkt, und die Amerikanerin Margaret Landon, die ihre Geschichte zum Roman verarbeitet hat, war eine engagierte Frauenrechtlerin und  Apartheidsgegnerin. „King and I“ ist auf diesem Hintergrund auch heute aktuell, und die Aufführung im Theater 11 vermittelt musikalisch eindrücklich, worum es geht. 


Bericht hier


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Bild : © Matthew Murphy

Vergesst nicht die Toten

Der Kammerchor Winterthur in der Dorfkirche Veltheim         24. 11. 2019


Das Kirchenjahr  reserviert den letzten Sonntag vor Advent zum Gedenken an die Verstorbenen. Mit Lyrik des 20. Jahrhunderts, die von der Glaubenssicherheit weit entfernt den Todd befragt, und Chorwerken der Spätromantik von Peter Cornelius, Hugo Wolf und Max Reger, deren Todesbetrachtungen ebenfalls einen weiten Kreis ausschreiten, stand das Konzert des Kammerchors nicht so sehr im Zeichen des Kirchenjahrs, sondern  im Zeichen der Schönheit musikalisch herausfordernder Aufgaben und der Offenheit existenzieller Fragen.


Bericht am 27. 11. in „Der Landbote“ und  im PDF hier


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Bild : © Herbert Büttiker

B & B

Konzert des Musikkollegiums   4. 12. 2019


Das Beethoven-Jahr steht vor der Tür oder es hat schon begonnen, im Musikkollegium mit einer Mischung aus Repertoire-Standard und originellen Beiträgen: B & B hiess in diesem Fall Beethoven und Busoni, dem auch ein Spätkonzert gewidmet war. Busoni sah Beethoven zusammen mit Bach als die grossen Komponisten, die der „Urmusik“ am nächsten verwandt waren. Der Urmusik widmete sich Beethoven jedenfalls allegorisch mit dem Ballett „Die Geschöpfen des Prometheus“, in dem Orpheus und die Musen ihren Auftritt haben.


Bericht am 6. 12. in „Der Landbote“ und  im PDF hier

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Bild : © Herbert Büttiker

Die alte Geschichte immer wieder neu

Jacques Offenbachs „La Belle Hélène“ im Theater St. Gallen  7. 12. 2019


Das Offenbach-Jahr geht zu Ende, Silvester naht: Es ist der ideale Zeitpunkt, um die schöne Helena auf die Bühne zu bitten. Der Ehebruch der Operettenheldin führt ja auch nicht zum trojanischen Krieg, sondern zum grossen Applaus für einen aspektreich unterhaltsamen Abend.



Bericht  im PDF hier


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Bild : © Andreas J. Etter

Der Alte  und die Junge

Gaetano Donizettis „Don Pasquale“ im Opernhaus Zürich   8. 12. 2019


Die Intrige der Oper ist an so vielen Haaren herbeigezogen, wie sie Don Pasquale noch auf dem Kopf trägt. Der Regisseur Christof Loy  sieht denn auch weniger die Intrige als das bekannte Muster „Reicher, älterer Mann heiratet junge, hübsche Frau“.  Das ergibt einen spannenden Opernabend, zumal Johannes Martin Kränzle und Julie Fuchs alles dazu haben, genau diese Konstellation in den Bühnenraum zu stellen – auf Kosten des romantischen Konzepts von Donizetti, der mit allem melodischem Zauber einer charismatischen Tenorpartie der Liebe des jungen Paars die Palme reicht. Aber wie auch immer, musikalisch prägt den Abend das  erstklassige Sängertrio, zu dem der Tenor Mingjie Lei fraglos gehört, und das unter der Leitung von Enrique Mazzola in ein wunderbar stimmiges Klangbild eingebettet ist.


Bericht  im PDF hier


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Bild : © Monica Rittershaus

Szenen des verpassten Lebens

Das Theater Freiburg zu Gast in Winterthur   11. 12. 2019


Mit seiner Inszenierung von Tschaikowskys Oper „Eugen Onegin“, die im Herbst 2018 Premiere  hatte, gastiert das Theater Freiburg seit längerem wieder einmal in Winterthur. Mit im Tross ist die starke Orchesterbesetzung, ein stimmgewaltiger Chor, ein hochkarätiges Solistenensemble und viel Material für ein Bühnenbild, das die Geschichte im Spagat zwischen Scheune und mondäner Kunstgalerie iin Gegenwartsnähe rückt.


Bericht  am 13. 12. in „Der Landbote“ und im PDF hier


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Bild : © Herbert Büttiker,  2017

ZUM JAHRESWECHSEL

Eigentlich ist die Zäsur ja ein Phantom, Party und feierlicher Moment könnten beliebig vertagt werden. Aber die zwölf Schläge an Silvester haben ihre Magie, ob sie vom Dorfkirchlein oder der Kathedrale gezählt werden. Sie sind der Orakelspruch, den niemand versteht. Was erwartet uns? Was erwartet die Welt? Was zum Beispiel sagt Big Ben seinen Landsleuten? Wegen der Renovationsarbeiten, die noch bis 2021 dauern, schweigt er zurzeit vom hohen Turm herab, und das ist seine feine Ironie zur Lage im Königreich. In der Silvesternacht aber soll er ausnahmsweise wieder schlagen. Und? Die Briten haben sich die Agenda für 2020 zurechtgelegt. Dennoch wird The Great Bell zur Zukunft zwölffach nur dunkel raunen. Immerhin treffen die Schläge – da hat London sein Glück mit den Westminster Quarters – die Ohren nicht unvorbereitet: Voraus geht die berühmte Uhrenmelodie, gebaut aus vier Tönen, die sich in den Varianten ihrer Abfolge von Viertelstunde zu Viertelstunde zum Ganzen fügt und dann wieder von vorne beginnt – ein endloses Spiel, wie ein ewiger Herzschlag der Welt.

In diese Sinn:

Auf ein glückliches neues Jahre und allen in allem Guten nur das Beste.

Roccosound.ch